Montag, 27. Juni 2016

Die Wahlanfechtung zur Bundespräsidentenwahl – große Aufregung um nix?

Die Wahlanfechtung dürfte typisch österreichisch zu Ende gehen. Es hat halt „Probleme“ gegeben... es wurde halt nicht ordnungsgemäß gearbeitet... man hat halt geglaubt... das hamma schon immer so gemacht... und dann kommt am Ende wohl heraus: Am Wahlergebnis hätte sich ja eh nix geändert...

Nunja. Würde dies auch als Freibrief für zukünftige Verfehlungen gelten? Es ist ja ein längst absehbarer Trend, dass immer mehr Stimmen mittels Wahlkarte abgegeben werden. Wo ist das Problem, sich für die Auszählung dieser Stimmen mehr Zeit zu lassen?


Wenn man sich die Aussagen vor dem Verfassungsgerichtshof zu Gemüte führt, erkennt man rasch, dass die Wahlbeisitzer nur ein geringes Verantwortungsgefühl für ihre Tätigkeit mitgebracht haben.

Es gab Wahlbeisitzer, welche am Montag nach der Stichwahl „aus beruflichen Gründen“, nur für zweimal fünf Minuten die Zeit fanden bei der Stimmauszählung „vorbeizuschauen“... In Villach-Stadt waren die Wahlkarten bereits am Montag um 9 Uhr früh ausgezählt. Da hätte allerdings erst mit der Auszählung begonnen werden sollen... In anderen Wahlkreisen wurden die Wahlbeisitzer am Montag um 9 Uhr mit der Tatsache konfrontiert, dass man bereits mit „diversen Vorarbeiten“ begonnen habe... In Wien-Umgebung wollte man sich nach der Stichwahl nicht wieder der Schmach hingeben, als letzter die Stimmen ausgezählt zu haben und deshalb... genau... hat man halt schon früher angefangen... In Hermagor hat man sich von den Wahlbeisitzern bereits vorab die Erlaubnis eingeholt (ohne deren Anwesenheit) bereits am Wahlabend die Kuverts aufzuschlitzen...

Die FPÖ hat zwar den Stein bezüglich des Aufzeigens der Missstände ins Rollen gebracht, aber wie folgende Beispiele zeigen, haben sich deren Wahlbeisitzer auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Im Bezirk Leibnitz verteidigte ein FPÖ Beisitzer die vorzeitige Stimmauszählung mit den Worten: „Das haben wir schon immer so gemacht“... eine Wahlbeisitzerin wiederum wollte erst die zeitliche Änderung des Auszählungsbeginns protokollieren, wurde aber mit den Worten von Juristen zurechtgewiesen, dass das bereits erstellte Protokoll nicht veränderbar sei... so habe sie halt auch unterschrieben...

Zwei FPÖ-Beisitzer aus Gänserndorf verzichteten, aufgrund des überraschend guten Ergebnisses für Herrn Ing. Hofer, nach Rücksprache mit dem Bezirksobmann, auf die Protokollierung der Missstände in der Niederschrift". Dies war auf einem Fragebogen zu lesen welchen die Beiden ausgefüllt haben. Bei dem Fragebogen handelte es sich übrigens um einen Vordruck der lokalen FPÖ Geschäftsstelle...

Also noch einmal kurz zusammengefasst: Wenn das Ergebnis gut genug ist, dann hält man gefälligst den Mund und regt sich nicht auf... auch eine Art von Demokratieverständnis...

Harald Vilimsky hat übrigens im Bezug darauf, dass drei Millionen Engländer eine Petition zur neuerlichen Wahl über den Brexit unterschrieben haben (wir haben halt nicht gewusst welche Auswirkungen so ein Brexit haben könnte...) folgendermaßen argumentiert (das ist jetzt keine Satire!) „In einer Demokratie muss man Abstimmungsergebnisse akzeptieren. Man kann nicht so oft neu abstimmen lassen, bis einem das Ergebnis passt!“


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